psychologie vs. gesamtscheiße

in diesem beitrag wird gewalt in beziehungen thematisiert.

heute gabe es eine gruppenstunde, wegen der es mir sehr schlecht ging im nach hinein. es ging um beziehungen und den anteil aller beteiligten an problemen.
also das die opfer bitte ja auch irgendwie schuld sind an ihrer misere…..
es kam dazu, als eine mitpatientin von ihrer psychischen aber auch physischen gewalt-beziehung erzählte. in dem falle war es eine beziehung in der sie systematisch unterdrückt und erniedrigt wurde. sie ist nicht mehr zusammen mit der person, aber erklärte, dass sie ihre rationalen überlegungen noch nicht mit den gefühlen überein bringen könne und fühle immer noch so etwas wie schuld, falls sie nun eine andere person kennen lernen würde.
sie fühle sich auch noch nicht so wirklich frei und mensch merkte ihr an, dass sie noch nicht über die langjährige beziehung hinweg ist. und spielt mit dem gedanken sich bei ihr zu melden, weil diese heute geburtstag hat.
die gruppe gab ihr unmissverständlich zu verstehen, dass sie sich auf keinen fall bei ihr melden soll, da wieder alte muster greifen und die ehemalige partnerin wieder macht über sie erlangen könnte.

da dann die schuldfrage aufkam, weil sie natürlich für alles die schuld von ihr zugeschoben bekam, wurde ihr dann von allen mut zugesprochen. sie war ganz klar in einem gewaltverhältnis mit der anderen person und das beste ist, dass sie abstand gewinnt.
die therapeutin meinte dass zu einem abhängigkeitsverhältnis immer zwei gehören und so. es also auch ihre ( meiner mit-patientins) entscheidung sei, ob sie sich in abhängigkeit begäbe. nun momentan kann sie das entscheiden, weil sie abstand hat und menschen die sie unterstützen, ja. aber in der beziehung selbst war das nicht so einfach! denn es spielte nicht nur die beziehungsebene  sondern auch eine ökonomische ebene eine rolle.
die therapeutin hat dann einen schwenk dahin gemacht, dass ja immer zwei personen in beziehungen sind und nie nur eine die alleinige schuld trägt. sie wollte damit wohl ausdrücken das meine mitpatientin nicht die schuld am verhalten ihrer ehemaligen beziehungsperson haben kann (wie gütig).
und dann erzählte sie noch davon, dass in einer “normalen“ beziehung die verhältnisse ausgewogen sind und so.
das wäre meiner meinung nach auch so, wäre da nicht dieses blöde kapitalistische patriarchat. weshalb es meiner meinung nach auch (noch) keine wirklich freien, gleichberechtigten beziehungen geben kann. und damit meine ich nicht nur cis_normative heterosexuelle beziehungen, denn geprägt sind wir alle von den herrschenden verhältnissen!

sie behauptete dann, dass täter_innen solche sachen ja nur mit menschen machen können die das mit sich machen lassen. sie hat es nicht so ausgedrückt, aber die grundaussage war, dass sie sich ja wehren müssen, also die opfer. dass sie die verantwortung für sich tragen und daher einen teil mit dazu beitragen. dass gemobbte personen, z. bsp.,  ja meistens eine angriffsfläche böten weil sie meistens solche sachen mit sich machen lassen. kein selbstbewusstsein hätten . (ernsthaft! das hat sie gesagt!) dass sich gewalt ausübende personen nicht an starke menschen trauen würden und so weiter und so fort.

ja klar. alle von gewalt und missbrauch betroffenen müssen sich in einem kollektiven individuellen akt entscheiden nicht mehr betroffen zu sein und ihre peiniger_innen zum teufel jagen, oder was? wie stellt sie sich das vor?
als ob die patriarchalen, kapitalistischen, heteronormativen verhältnisse, die gewalt hervorrufen nicht da wären. kein wort vom umfeld, der gesellschaft und so.
neee… is alles individuell. die menschen müssen nur stark sein, dann wird das schon… und dafür sind ja die therapeut_innen da. um diese weißheit zum besten zu geben. und sie zu therapieren, falls mal was schief läuft. …und überhaupt!

ergo war ich auch ein wenig selbst schuld wegen sexuellen oder gewaltätigen übergriffen an mir in der vergangenheit, weil… ja warum eigentlich…  weil ich in der kirche sein musste? weil ich meinem stiefvater widersprochen habe? weil ich in einer beziehung war?

natürlich muss es eine stärkung der menschen, die von diskriminierung und gewalt betroffen sind geben. aber als erstes da an zu setzen, fühlt sich für mich falsch an. die psychatrie setzt am individuum an. den menschen in der psychatrie, oder in der psychotherapie wird (meistens) nicht geraten sich zusammen zu schließen und zu kämpfen für ihre rechte und gegen den ganzen scheiß.
oder andere zu sensibilisieren und betroffenen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind!
das würde natürlich heißen, dass es in der psychatrie auch ganz anders aussehen würde und da beist sich die katze ja in den schwanz.

das alles schaffte ich so aber nicht zu sagen.
als ich dann aber doch noch meinte, dass es für mich ein wenig verkürzt ist und die verantwortung der täter_innen damit zum teil den opfern zugeschoben wird und die gesellschaftlichen verhältnisse nicht gesehen werden, drehten wir uns in der diskussion dann nur im kreis.
ich so: “ aber die gesellschaft und so!“ und sie so: “ aber die eigenverantwortung, selbstwert, resilienz und so!“

sowas macht mich jedesmal ohnmächtig…und nun bin ich wütend ….